Beschneidung von Jungen und Mädchen aus religiösen Gründen

Das Kölner Urteil, die gesellschaftliche Diskussion und die juristische Entwicklung.

Nichtvergleichbarkeit von männlicher und weiblicher Beschneidung per Definition.

In dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP für die rechtliche Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen heißt es:
"Zudem hält der Deutsche Bundestag die Beschneidung männlicher Kinder, die weltweit sozial akzeptiert wird, für nicht vergleichbar mit nachhaltig schädlichen und sittenwidrigen Eingriffen in die körperliche Integrität von Kindern und Jugendlichen wie etwa die weibliche Genitalverstümmlung, die der Deutsche Bundestag verurteilt."

Dass diese Willensbekundung, zur Legalisierung der Amputation eines Körperteils aus rein religiösen Gründen, an Menschen, die sich nicht einverstanden erklären können und sich nicht dagegen wehren können, nicht zu halten ist, zeigt das Interview mit Frau Schewe-Gerigk, Vorsitzende von Terre des Femmes mit dem Magazin Cicero.
http://www.cicero.de/berliner-republik/terres-des-femmes-zur-beschneidung-genitalverstuemmelung-kann-man-fuer-jungen-ein-anderes-gesetz-machen-als-fuer-maedchen/51330
Sie führt aus:
"So gibt es Gegenden, in denen nur die Haut der Klitoris entfernt wird. Noch wird diese Form als strafbar angesehen, aber mit der Genehmigung der Beschneidung von Jungen würde man sie straffrei stellen. Laut einer Umfrage in Großbritannien ist ein Hindernis im Kampf gegen die Genitalverstümmelung von Frauen, das Unverständnis für die Ungleichbehandlung: Jungen dürfen straffrei beschnitten werden, bei Mädchen aber ist die "mildeste Form" verboten."

Mehr noch.
Auf dem links weiter unterteilten Themenabschnitt, zur Gegenüberstellung von männlicher und weiblicher Beschneidung der folgenden Seite,
http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/maennliche-und-weibliche-beschneidung/sind-maennliche-und-weibliche-beschneidung-vergleichbar.html
wird die absolut vollständige anatomische Äquivalenz der FGM Kategorie Typ 1 ohne Entfernung der Klitoris mit der männliche Beschneidung nachgewiesen. Darüber hinaus bescheinigt uns die Grafik den geradezu winzigen zu erwartende Substanzverlust selbst gegenüber dem schon als "vergleichsweise gering" (Volker Beck; Antragsbegründung) eingestuften Eingriff bei Jungen. Die Befragung beschnittener Frau zeigt zudem keine wesentlichen, über das Maß bei Männern hinausgehende objektive und subjektiv empfunden Funktionsbeinträchtigung auf.

Die Erleichterung des bisher Unaufgeklärten wird sich sicher vollständig Bahn brechen, wenn er die Äußerungen einer Mutter über die Beschneidung ihre Tochter vernimmt:
""Original Text der Mutter: Es geht so schnell, mit einem bismillah und einem Schnitt, ein kleiner Tropfen Blut und das wars, Zahra dah sunat! Sie weinte nicht ein Tröpfchen, tatsächlich kicherte. Ich nehme an, dass es nicht schmerzhaft für sie war, alhamdulillahh.."" (Abschnitt links "Beschneidung ein Bilderessay")

Das Mädchen kichert also sogar bei der Abtrennung der Klitoris. Dies zeigt, dass die Beschneidung (unter Beträubung und medizinisch fachgerecht - natürlich) nicht nur, wie bisher angenommen, für den Beschneider
http://www.faz.net/themenarchiv/2.1197/beschneidung-blutiger-schnitt-1596907.html sondern auch für den oder die zu Beschneidende eine tatsächlich vergnügliche Angelgenheit sein kann.

Sollten sich die Abgeordneten bei der Legalisierung der religiös begründeten Beschneidung entschließen, ein Grundgerüst bisheriger rechtsstaatlicher Regeln beizubehalten, könnte die Beschneidung von Mädchen nicht nur nicht verboten werden, sie müsste im Zuge der sicher weiterhin bestehenden Vorgaben zur Gleichbereichtigung, deren Mangel bei den Religionen grundsätzlich und bei diesem Thema im Speziellen zu Tage tritt,
http://www.bzw-weiterdenken.de/2012/07/die-be-deutung-der-beschneidung-von-jungen/
sogar eingefordert werden.

Welche Freiheit des Denkens erschließt sich uns, wenn wir nur den Mut aufbringen, die seit Langem immer lästiger werdenden Fesseln der Vernunft abzustreifen, welch Mannigfaltigkeit der Enscheidungsmöglichkeiten tut sich vor uns auf. Jedes wie auch sein Gegenteil ist argumentatorisch ohne inneren Widerstand erreichbar. Alles ist möglich.

Primo Levi soll an dieser Stelle die Antwort nachgereicht werden.
"So glaube ich heute im Sinne des Allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn." (Adolf Hitler - Mein Kampf)

Heute soll die Garantie auf körperliche Unversehrtheit erneut abgeschafft werden - für Juden. Von Juden.

Die Menschenwürde ist das dem Menschen immanente, objektive Bedingungsgefüge, dem eigenen Wesen entsprechen zu können. Dieses Bedingungsgefüge als Notwendigkeit besteht demnach schon immer. Das Wissen um dieses Bedingungsgefüge ist nur durch Erkenntnis erreichbar. Die Erkenntnis ist demnach die Grundbedingung zur Umsetzung dieses Bedingungsgefüges. Dem Befehl ist die Eliminierung der Erkenntnis in Bezug auf seine Ausführung immanent. Systeme, deren Fundamente sich auf der Ausführung von Befehlen begründen, sind mit der Würde des Menschen daher unvereinbar. Die Erkenntnisfähigkeit ist offensichtliche Folge der Evolution. Sie kann daher dem Menschen als wesenseigen angesehen werden. Die Erkenntnis ist also eigenes Wesen und Grundbedingung zur Umsetzung des Bedingungsgefüges zur Menschenwürde zugleich.

Die Frage nach dem "Warum" ist der Beginn der Erkenntnis. Die Frage nach dem "Warum" bei der gegenwärtigen Fragestellung auch innerhalb der Religionen aus der Rhetorik herauszuheben, ist die Schwierigkeit.

"Cliteracy" gegen Beschneidung - Harald Stücker (15.10.2013)
https://evidentist.wordpress.com/2013/10/15/cliteracy-gegen-beschneidung/
"In den USA wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen beschnitten. Obwohl sich die Beschneidung von Mädchen nicht im gleichen Maße als Routineoperation durchsetzte wie bei Jungen, wurde ihnen noch bis in die 1970er Jahre hinein die Klitorisvorhaut oder die Klitoris selbst amputiert, und noch bis 1977 hat die Krankenversicherung Blue Shield Blue Cross die Kosten dafür erstattet."

Beschneidung - Evangelisches Institut für Islamfragen (2004)
http://www.islaminstitut.de/Artikelanzeige.41+M53d3ef98bbd.0.html
"Es gibt drei Arten der Beschneidung oder Klitorisdektomie. Die mildeste, d. h. am wenigsten verstümmelnde Form besteht in einer kreisförmigen Beschneidung der Klitorisvorhaut, die der Beschneidung des Jungen ähnelt und «sunnitische» Beschneidung genannt wird. Diese Form wird hauptsächlich in den «aufgeklärten» städtischen Kreisen, die sich noch nicht von der Praxis an sich lösen können, praktiziert."

CIRCUMCISION: "Just a Little Piece of Skin?" - Joseph Lewis (13.02.2014)
http://joseph4gi.blogspot.fr/2014/02/circumcision-just-little-piece-of-skin.html
Ein beeindruckender Vergleich zwischen männlicher und weiblicher Beschneidung. Auf diesem Foto wird deutlich, welche gewaltige Menge an Körpersubstanz - vom Penis des Neugeborenen - entfernt wird. Die vollständige Entfernung von Klitorisvorhaut und der inneren Schamlippen ist hier sicher das Äquivalent. Ein Kommentar verweist auf den gigantischen Anteil in Bezug auf die Größe des Genitals eines Neugeborenen.

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